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In den letzten Tagen rappelt es ganz gehörig im sagenumwobenen „Karton“ rund um die heiß geliebten Technologieaktien. Die Kurse geben deutlich nach und treiben dem erfolgsverwöhnten Aktionär die Schweißperlen auf die Stirn. Was ist da los?

Schon vor der Pandemie im Jahr 2020 sind die börsennotierten Tech-Unternehmen mit zu stolzen Bewertungen emporgeklettert. Sie haben alle anderen Sektoren hinter sich gelassen und die Kurse kannten nur eine Richtung – steil nach oben. Nach dem ersten, kurzen „Corona“-Schock haben sich die Börsenkurse sehr schnell weiter in noch nie erreichte Höhen bewegt, weit entfernt von – wie auch immer gearteten – „normalen“ Bewertungen.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Der Trend zu „work from home“, IT – Ausstattung, Lieferlogistik und immer stärkerer Digitalisierung hat wie Kerosin im Feuer die Unternehmensgewinne explodieren lassen. Das viele und billige Geld hat zusätzlichen Wind unter die Flügel gepustet. Die „alte“ US – Regierung hat durch ihr Agieren diese Unternehmen geschützt und gestützt.
In der Technologiebranche ist das Thema Regulierung bisher ein ganz kleines und zartes Pflänzchen und dieser Zustand, gepaart mit der Möglichkeit nahezu keine Steuern zahlen zu müssen, hat den Aktionären beim Betrachten ihrer Depotauszüge viel Freude bereitet. Wie vor über zwanzig Jahren vor dem Kollaps der dotcom – Blase sprachen viele „Experten“ von neuen Realitäten und einem Paradigmenwechsel. Mit welchem Ziel?

Eine Branche im Bermuda – Dreieck zwischen staatlicher Regulierung, Steuererhöhungen und der neuen Digitalsteuer gefangen?

Was auch immer kommen mag, irgendwie müssen die Corona-Kosten und die enormen staatlichen Hilfsprogramme bezahlt werden. Da ist es durchaus probat, die größten Profiteure in höherem Maß daran zu beteiligen. Interessant ist auch wie die Politik die Macht der Tech-Giganten zu brechen versucht: In USA haben 40 Staaten Klage gegen Facebook wegen Machtmissbrauchs eingereicht und in China hat die Regierung den weltweit größten Börsengang aller Zeiten, der Ant Group, einer Alibaba-Tochter, im November 2020 untersagt.
Den Tech Unternehmen stehen bewegte Zeiten bevor. Einerseits wurde jüngst von der G20 der Boden für die Einführung einer weltweiten Digitalsteuer bereitet. In den USA stehen den Unternehmen sehr bald Steuererhöhungen für Unternehmen ins Haus. Mehr Regulierung bedeutet gerade für Technologieunternehmen Gefahren für die Unternehmenspolitik und wird Auswirkungen auf die Bilanzen und Wachstumschancen haben.

Es stellt sich nun für den Anleger die Frage, ob die satten Gewinne in den Unternehmen auch weiterhin so sprudeln werden und die Aktienkurse wieder den steilen Weg nach oben einschlagen werden. Gut aufgestellte Unternehmen mit soliden Cash Flows, zufriedenen Kunden und einer guten Balance zwischen betriebswirtschaftlich erfolgreichem und gesellschaftsbewusstem Handeln werden immer hervorragende Zukunftsaussichten haben.  Und die anderen Unternehmen nicht – Punkt.

Gesellschaftlich ist diese Entwicklung zu begrüßen. Viele Unternehmen und Privathaushalte liegen wirtschaftlich am Boden und werden mit der Unterstützung durch staatliche Hilfen mehr oder weniger erfolgreich im wahrsten Sinne des Wortes „beatmet“. Ob dies dauerhaft zum Überleben aller reichen wird, wird die Zukunft zeigen. Die Profiteure der aktuellen Situation können und müssen einen Teil ihrer Mehrerlöse dazu nutzen, ihren Beitrag für unser gesellschaftliches Gleichgewicht zu leisten. Das wird die Gewinne der Technologieunternehmen schmälern, aber nicht vernichten. Die Verunsicherung und Neueinschätzung dieser geänderten Rahmenbedingungen vollziehen sich gerade an den Börsen.

Für die Aktiengesellschaften und die Aktionäre ist es gut, Bewertungen an der Börse zu haben, die der Realität entsprechen und die Zukunftsaussichten einbeziehen. Diese verändern sich gerade für eine Vielzahl der Technologieunternehmen und somit ist es die Aufgabe jedes Entscheiders genau zu analysieren, wo er das Kapital investiert. Gern weiter mit einem Teil des Depots im Technologiebereich, aber auch andere Mütter haben hübsche Töchter. Also:

Butter bei die Fische!

Auch erschienen bei Finanzwelt.de
Heiko Löschen

Neben der Beratung und der Vermögensverwaltung ist Heiko Löschen für die Öffentlichkeitsarbeit und die Weiterentwicklung der GSP asset management GmbH verantwortlich. Bei n-tv ist er als Kapitalmarktexperte gefragter Interviewpartner.