Alles auf Technologie: Herdentrieb oder Schwarmintelligenz?
Wer sich die Entwicklung der Aktienkurse aus dem Technologiesektor innerhalb der ersten zwei Monate anschaut, kommt nicht umhin, sich an der ein oder anderen Stelle die Augen zu reiben.
NVIDIA legte um 62 % zu, META Platforms und Spotify gewannen 37 %. Die Aktie von Microsoft und Alphabet sehen dagegen mit Zuwächsen von 11 und 5 % wie lahme Enten aus. Also scheint doch alles ganz einfach zu sein. Sämtliche Investitionen, die für Aktien vorgesehen sind konsequent in Technologie Aktien zu tätigen. Ist der Investorenschwarm einfach schlau oder läuft die Herde unreflektiert in den Abgrund?
Was treibt die Technologieaktien derart an?
In der entwickelten Technologie sind viele der beschriebenen Unternehmen führend und ihnen kommt eine marktführende, wenn nicht sogar eine marktbeherrschende Stellung zu. Dies rechtfertigt durchaus großes Kaufinteresse und eine höhere Bewertung an der Börse als bei anderen Aktiengesellschaften. Aber wie hoch darf denn der Bewertungsaufschlag sein? Die Bäume wachsen nicht unbegrenzt in den Himmel.
Die Aura der „künstlichen Intelligenz“
Sobald ein Unternehmen die Aura der „künstlichen Intelligenz“ anhaftet, dann steigt allein durch diesen Status das Interesse und die Glücksjäger hoffen auf steigende Kurse und kaufen. Somit wird dies zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Einige Unternehmen erfüllen diese Träume mit realen Erfolgstorys und die Investoren partizipieren langfristig daran. Viele Unternehmen werden ihre Ziele nicht erreichen und auf der Strecke bleiben und die Investoren werden viel Geld verlieren. Das war schon immer so. Ein Beispiel: zu Beginn des öffentlich zugänglichen Internets waren die Suchmaschinen sehr vielfältig. Nicht alle haben da Rennen gemacht. Google (Alphabet) und Microsoft waren die Gewinner, AOL und Yahoo und Andere hatten das Nachsehen.
Risikostreuung kostet scheinbar Rendite
Jeder Euro oder Dollar, der nicht in die hippen Aktien investiert wird, ist nicht optimal angelegt. So scheint es aktuell zu sein. Doch verlieren wir bitte nicht den Blick für die Realität. Im Durchschnitt wachsen etablierte Aktienmärkte langfristig um die 8 Prozent pro Jahr. Das ist ja recht ordentlich und jede darüber liegende Rendite ist erfreulich, aber auch mit erhöhtem Risiko eingekauft.
Unternehmerische Investitionen in Aktien sind immer Schwankungen unterworfen. Risikostreuung ist für ein langfristig funktionierendes Anlagekonzept unausweichlich. Eine rauschende Party ist wunderschön, nur wer es zu doll treibt bekommt einen deftigen Kater. Diesen gilt es zu vermeiden.
Wenn Risikostreuung, dann aber richtig
Oft höre ich die Aussage: „…ich betreibe Risikostreuung, denn ich investiere in den MSCI World.“ Der Grundgedanke ist sehr gut, aber vielen meiner Gesprächspartner ist nicht bewusst, dass eine Investition in den MSCI World bedeutet, mit 70 % in US-Aktien investiert zu sein. Die größten Positionen verteilen sich aktuell wie folgt: 4,8 % Apple, Alphabet 2,76 %, 4,69 % Microsoft, 2,52 % NVIDIA, 2,4 % Amazon, Meta Platforms 1,45 % und Tesla 0,89 %. Das ist, wenn bewusst gewählt, wunderbar. Es ist eine klare Positionierung im Bereich USA und Technologie.
Ich empfehle durchaus dieses Marktsegment in der Depotzusammensetzung einzusetzen, aber nicht ausschließlich und stetig aufs Neue die Gewichtung zu hinterfragen und diese neu zu adjustieren. Zu einer adäquaten Risikostreuung kombiniere ich andere Märkte und andere Investmentstile. Das mag auf den ersten Blick Rendite kosten, stabilisiert das Portfolio und balanciert es aus, wenn der Wind sich dreht.
Wie lange geht der Technologie Trend noch weiter?
Die Technologieparty kann noch lange weitergehen, aber ich empfehle bereits Geld für das Taxi für den Heimweg zur Seite zulegen, Kopfschmerztabletten bereit zu halten, Geld für eine Massage am Folgetag einzuplanen und wachsam in der Nähe des Ausgangs zu tanzen. Vielleicht ist Nebensaal oder im nächsten Club bereits die nächste Party in Vorbereitung oder eine Oase der Ruhe vorzufinden, wenn hier die Stimmung kippt…
Also:
Wachsam bleiben und Butter bei die Fische!
Heiko Löschen
GSP asset management