Big Tech mit Gegenwind
Wer in den vergangenen fünfzehn Jahren sämtliche Fakten und Weisheiten aus Lehrbüchern und erlebter Erfahrung bezüglich der idealen Zusammensetzung eines Aktiendepots missachtet hat und auf jegliche Risikostreuung verzichtet hat, steht heue als strahlender Gewinner da. Investitionen in Big Tech Aktien haben alle anderen Aktienanlagen mit riesigem Abstand geschlagen.
Die Rangliste der Indexentwicklungen der vergangene fünfzehn Jahre spricht eine deutliche Sprache:
Index Entwicklung in 15 Jahren
Hang Seng (China) – 2,73%
EURO STOXX 50 + 98,19%
DAX + 275,53%
MSCI World + 278,74%
Nikkei + 309,31%
S&P 500 + 499,59%
Nasdaq 100 + 1.241,04%
Alles ganz einfach, oder? Wird es / kann es so weitergehen? Ich bin der festen Überzeugung: NEIN! In der Folge nenne ich dafür einige Gründe.
Klumpenrisiken in vielen Indizes durch Big Tech
Die Technologie-Riesen NVIDIA, Microsoft, Apple. Microsoft, Alphabet, Amazon, Tesla und META werden seit einiger Zeit als die magischen Sieben (Magnificient Seven) bezeichnet und steigen nahezu unaufhörlich. Zugegeben: die Unternehmen verfügen über eine marktbeherrschende Stellung und verdienen viel Geld, aber rechtfertigt dies Bewertungen an der Börse jenseits aller Vernunft?
In den klassischen Indizes ist die Marktkapitalisierung dieser Unternehmen durch die Kurszuwächse derart gestiegen, dass diese Sieben sowohl in der Nasdaq, als auch im S&P 500 und im MSCI World die größten Gewichtungen erreicht haben und der Einfluss weiterer Kurszuwächse, aber vor allem auch möglicher Kursabstürze immens ist. Hier sind Klumpenrisiken entstanden, die einer Vielzahl von Anlegern nicht bewusst sind. Ein ETF auf die Nasdaq, den S&P 500 und den MSCI World im klassischen Stil bedeutet aktuell immer eine Schwerpunktinvestition in Big Tech mit allen Chancen und Risiken.
Extrem großer Optimismus für Big Tech
Aktuell sind nahezu sämtliche Fondsmanager in Big Tech Aktien voll investiert und die Haltung einer Liquiditätsreserve liegt nahe Null. Auch die US-amerikanischen Privatanleger sind historisch hoch in Aktienanlagen positioniert und die Bestände an Liquiditätspolstern erschreckend klein. Der risikolose Zins liegt für US-Anleger bei verzinsten US-Staatsanleihen bei aktuell 5,37%. Die durch diese Positionierung gezeigte Zuversicht für diese historisch hoch bewerteten Titel wirkt absolut sorglos und stimmt mich sehr nachdenklich.
Die USA sind wirtschaftlich angeschlagen
Die US-Konjunktur läuft alles andere als rosig. Es scheint den USA zu gelingen, das Abrutschen in die Rezession vermeiden zu können. Allerdings kommt die Inflation nicht so schnell wie gewünscht nach unten und die Notenbank hatte bisher nicht genügend Argumente für Zinssenkungen. Diese werden voraussichtlich im September mit einem kleinen, ersten Schritt beginnen, sind aber auch für die kränkelnde Wirtschaft sehr wichtig. Selbst der ansonsten historisch starke private Konsum der US-Amerikaner sinkt deutlich. Kein gutes Umfeld für weitere Kurssteigerungen. Die Bürger haben bei aktuell weiter steigenden Preisen deutlich weniger Geld in der Tasche.
Politisch liegen turbulente Monate insbesondere in den USA vor uns
In dem skizzierten Umfeld in den USA ist trotz der schwachen Vorstellung des Amtsinhabers Joe Biden in den letzten Wochen die Wählerschaft zögerlich mit ihrem Zuspruch für den Herausforderer im Rennen um die Präsidentschaft. Wenn die Demokraten im Verlauf ihres Parteitages im August mit einem neuen Kandidierenden aufwarten sollten, so wird es weiter turbulent bleiben. Je mehr das Pendel in Richtung Donald Trump ausschlägt, umso mehr Verunsicherung ist möglich.
Steuersenkungen für einen Staat mit einem historisch hohen Haushaltsdefizit werden keine positiven Auswirkungen auf die Einschätzung der Kreditwürdigkeit der USA haben. Trumps Fähigkeiten zum diplomatischen Agieren in einer sich ändernden Welt macht nur begrenzt Mut und die Armut im Land steigt und steigt. Eines ist sicher: Börsen mögen keine Unsicherheiten und einige könnten vor uns liegen.
Unsichere Zeiten bergen immer Chancen
Allerdings bergen diese Unsicherheiten und etwaige Kursrücksetzer auch immer wieder Chancen zum Einstieg und somit komme ich zu den einleitenden Gedanken zurück. Die Erfahrung aus der Praxis und die Fakten aus den Lehrbüchern sind heute aktueller denn je. Risikostreuung ist existenziell wichtig und Klumpenrisiken gilt es vermeiden. Eine angemessene Liquiditätsreserve zum Investieren bei gefallenen Kursen ist sicher eine gute Idee. Und wer bisher mit den glorreichen Sieben viel Geld verdient hat: herzlichen Glückwunsch! Durch Teil-Verkäufe die Quote in diesem Anlagesegment auf ein ausbalanciertes Maß zurückfahren und Gewinne realisieren.
Also:
Wachsam bleiben und Butter bei die Fische!
Heiko Löschen
GSP asset management